Sauerbraten und Shakshuka
Eine Buchkritik von Sabine Amar
Tom Franz ist „Israels Masterchef 2013“. In der beliebten Kochshow seiner Wahlheimat hat der Rheinländer deutsche und israelische Gerichte mit koscherer Kochkunst kombiniert. Auch in seinem Buch „So schmeckt Israel“ lädt der Koch aus Leidenschaft zu besonderen Geschmackserlebnissen ein – und zu interessanten Geschichten.
Das Werk ist für Genießer, die gern was in der Hand haben: Großformatig und mit 1056 Gramm ein Schwergewicht, ist es kein herkömmliches Israel-Kochbuch. Vielmehr eine sehr persönliche und interessante Sammlung von Lieblingsrezepten des Autors, geprägt von der jüdischen Küche, die Israels Immigranten aus aller Welt mitbrachten. Tom Franz wiederum ist beeinflusst von Mutters rheinischer Kochkunst. So serviert er in fünf Rubriken 62 Gerichte aus der israelischen Küche – „gewürzt mit einer Prise Heimat”. Von A wie gegrillter Aubergine mit Tahina-Sauce über I wie Israelisch-Rheinischen Sauerbraten bis hin zu Z wie Zackenbarsch auf Jerusalem-Artischocken-Creme findet sich auf 208 Seiten ein kulinarisches Cross-over. So wie die moderne israelische Küche unterschiedliche Strömungen aufnimmt und zu etwas Neuem formt, macht es auch Tom Franz. Wer Lust am Experimentieren hat, ist mit seinen Rezepten bestens bedient.
Ein Workshop in Buchform
Der Autor veranstaltet in Israel Workshops zum Thema koscheres Kochen. Er führt deutsche Touristen und andere Interessierte über den Markt, kocht mit ihnen, erzählt dabei seine Lebensgeschichte und Wissenswertes über Land und Leute. So gesehen ist das Buch ein Workshop in gedruckter Form. Vor jedem Rezept schildert der Masterchef seinen persönlichen Bezug zum jeweiligen Gericht oder gibt eine längere Einführung zu charakteristischen, in Deutschland unbekannten Zutaten wie israelischem Bisbas oder jemenitischem Zhug. Ersteres eine erfrischende Tomatensauce, Letzteres ein scharfes „Teufelszeug”, beides zum Selbermachen. Am Rand der typografisch und farblich ansprechend gestalteten Rezeptseiten listet Tom Franz die Zutaten auf und gibt nützliche Tipps: etwa wie man mit Salz Zwiebeln perfekt anschwitzt. Koch-Pedanten mögen über fehlende Gesamtzubereitungszeiten meckern – aber hier wird israelische Lebensart zelebriert, die sich nicht in Zeitschablonen pressen lässt.
Tahina – altes neues Superfood
Zwischen den Rezepten vermittelt der israelische Nahost-Korrespondent Gil Yaron Hintergrundwissen auf unterhaltsame Art: Er beschreibt die komplizierten koscheren Speisegesetze, jüdische Feiertage oder israelisches Fast Food, das man als Varianten von Falafeln, Sabich und Shawarma selbst ausprobieren kann. Auch Tahina stellt er vor: eine Paste aus fein gemahlenen Sesamkörnern. Man kann sie bei uns in türkischen Läden oder beim Falafel-Imbiss kaufen und sie dann nach Anleitung im Buch verfeinern. Mit ihrem leicht nussigen Geschmack ist sie ein leckerer Dip für Rohkostsalate und Vorspeisen. Toll, dass der bekennende Tahina-Fan Tom Franz dieser nahöstlichen Zutat so viel Platz in seinen Rezepten einräumt: Sie steckt voller Antioxidantien, Vitamine und Mineralien. Obwohl mehr als 5000 Jahre alt, gilt sie zu Recht als neues Superfood und steht schon viel zu lange im Schatten ihres prominenten „Bruders“ Hummus.
Trotz kleiner Mankos: Mission erfüllt
Zwei Exoten werden den deutschen Hobbykoch wohl ratlos machen: Silan, Zutat für die Kohlrouladen, ist ein Dattelsirup. Leider bekommt man ihn nur über israelische Freunde oder im Internet. Dasselbe gilt für Ptitim – kleine geröstete, kugelförmige Nudeln. Als Alternative bietet sich Risotto oder Couscous an. Dafür gelingt die Shakshuka, ein deftiges israelisches Pfannengericht mit Tomaten und Eiern, herrlich schnell und unkompliziert. Mit Baguette wird auch noch der letzte saftige Rest aus der Pfanne gewischt. Die Variante Grüne Shakshuka folgt acht Seiten später. Wer also das Kochbuch nicht von vorn bis hinten liest, sondern nur überfliegt, dem könnte was entgehen. Im Register finden sich ausschließlich die alphabetisch geordneten Rezepttitel. Mit den Themen der Infotexte und einer Warenkunde samt Querverweisen im Anhang wäre das Kochbuch perfekt.
Die Gerichte sind optisch schön angerichtet, die Geschichten dazu unterhaltsam und informativ, und die Rezepte machen Appetit – auch auf eine Reise nach Israel. Tom Franz, der „kulinarische Botschafter zwischen Israel und Deutschland“, hat seine Mission geschmackvoll erfüllt.
Autor: Tom Franz
Verlag: AT Verlag Aarau und München
Erscheinungsjahr: 2013
Umfang: 208 Seiten
Einband: gebunden
ISBN: 978-3-03800-781-4
Preis: 26,90 Euro