Haben Sie sich jemals gefragt, wie sich Lachen in die tristen Zimmer eines Krankenhauses bringen lässt? Klinikclowns in Krankenhäuser: Dort, wo Krankheiten allgegenwärtig sind, gibt es eine ungewöhnliche Form der Therapie – ganz ohne Medikamente: die Besuche der Klinik-Clowns. Ihre roten Nasen sind in Krankenhäusern, Kinderkliniken und Altenheimen ein Symbol der Lebensfreude. Felix Neuenhoff, alias Dr. Heinzz Pipo, ist einer dieser Klinikclowns und erzählt, wie er mit seiner Arbeit die Herzen der Menschen erreicht.
Magie der roten Nase
„Beim Anblick der roten Nase beginnen die Gesichter zu strahlen, ganz gleich, ob die des Krankenhauspersonals, der Patienten oder Angehörigen“, sagt Neuenhoff. „Die rote Nase ist die kleinste Superhelden-Maske der Welt!“ Als Clown trägt er eine grüne Latzhose, ein Ringel-Shirt und eine schwarze Kappe mit der Aufschrift „Läuft“. Doch das auffälligste Merkmal seiner Erscheinung ist zweifellos die rote Nase. Dieses einfache Utensil habe eine erstaunliche Wirkung, erklärt Neuenhoff. „Die rote Nase ist nicht nur ein buntes Spiel-Requisit. Sie symbolisiert eine Haltung.“
Die rote Nase ist Neuenhoffs Eintrittskarte in die Welt des Spiels. Sie verwandle ihn in den Klinik-Clown Dr. Heinzz Pipo, einen „Narren“, der nur einer Logik folgt: der des Herzens. Das Requisit öffne das Tor zur tiefen Menschlichkeit und ermögliche Momente der Freude, Imagination und Zeitlosigkeit, erklärt Neuenhoff. Klinikclowns sind Meister der Empathie und Fantasie. Sie bringen Lebensfreude in die Herzen der Menschen, unabhängig davon, was geheilt werden muss.
30 Jahre Clowns-Visiten in Deutschland
Die Idee der Clowns-Visiten entstand 1985 in den USA. Michael Christensen, Mitbegründer des New Yorker Big Apple Circus, trat damals zusammen mit Kollegen als Clown-Doktoren in einer Kinderklinik auf. Diese Idee fand großen Anklang, und Christensen rief die „Clown Care Unit“ ins Leben. In Deutschland begannen Clowns in Medizin und Pflege ab 1993 ihre Arbeit. Der Verein KlinikClowns Bayern e. V., für den Neuenhoff aktiv ist, organisiert seit 1998 regelmäßige Clowns-Visiten in Kinderkliniken, Pflegeheimen, Behinderteneinrichtungen und auf Palliativstationen.
Alles nur Zirkus?
Für Neuenhoff ist Clownerie eine Lebenseinstellung. Er betont, dass die Klinik-Clownerie weit entfernt von der klassischen Vorstellung im Zirkus sei. Im Gegensatz zu Zirkus-Clowns, die oft mit grellen Auftritten unterhalten, seien Klinikclowns nah an den Menschen dran. Hier stehe die zwischenmenschliche Begegnung im Vordergrund, nicht nur die Unterhaltung. Es gehe darum, Kontakt herzustellen und die Lebendigkeit in den Menschen zu wecken, erklärt Neuenhoff. Dabei sind die Privatsphäre und der Respekt gegenüber den Patienten sehr wichtig.
Als Klinikclown spielt Neuenhoff nicht für ein großes Publikum, sondern für einzelne Menschen. Das war zunächst ungewohnt, denn der leidenschaftliche Sänger und Musiker liebt die Bühne. Im Alter von 20 Jahren entdeckte er sein Comedy-Talent und machte eine Ausbildung im Improvisationstheater. Bald darauf belegte er Kurse an der Clown-Schule „Die Kunst des Stolperns“ in Freising. Seit 2005 ist Neuenhoff als Klinikclown im Auftrag des Vereins KlinikClowns Bayern e. V. in Kinderkrankenhäusern und Altenheimen unterwegs.
Von Artisten bis Zauberer
Der „Doktor“-Titel ist Ehrensache, doch die Vereine stellen hohe Anforderungen an die Klinik-Clowns. Alle haben eine Ausbildung als darstellende Künstler, können gut improvisieren und sind sehr einfühlsam. Sie spüren, was ihr Gegenüber braucht, sei es Ablenkung, Unterstützung oder einfach nur Gesellschaft.
„Die Klinikclowns sind allesamt professionelle darstellende Künstlerinnen und Künstler mit einem breiten Repertoire an Clownerie und Musik und großer Improvisationskunst“, erklärt Karin Platzer, Pressesprecherin des Vereins KlinikClowns Bayern e. V. „Um die hohe Qualität ihrer Arbeit zu gewährleisten, schulen wir unsere Clowns kontinuierlich im Umgang mit kranken Menschen und ihren Angehörigen, in basistherapeutischem Wissen, in Clownstechniken und Improvisation.“
Fingerspitzengefühl im hektischen Klinikalltag
„Im Klinikalltag gibt es viele Herausforderungen, mit denen die Clowns zurechtkommen müssen“, erläutert Platzer. Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte arbeiten am Limit. Es gibt zu viele Patienten, zu wenig Personal, zu wenig Zeit. Umso hilfreicher ist da die Unterstützung der Klinikclowns. „Wir sind alle so froh, dass es die Klinik-Clowns gibt. Sie bringen immer Licht und Freude auf unsere Station“, erklärt Prof. Dr. Nikolaus Haas, Direktor der Kinderkardiologie und Pädiatrischen Intensivmedizin im Klinikum der Universität München.
Klinikclowns in Krankenhäuser: Die Zusammenarbeit mit Ärzten und Pflegekräften ist entscheidend. Die Mitarbeiter geben wichtige Hinweise zu den Patienten, damit die Klinik-Clowns angemessen agieren können. Doch meist spürt Neuenhoff selbst, was die Menschen gerade brauchen: „Manchmal sind Gaudi und Ablenkung gefragt. Dann geht richtig die Post ab, auch bei Erwachsenen. Andererseits sollen wir nur die Hand halten und zusammen auch mal traurig sein.“
Das zeigt, wie vielseitig die Arbeit als Klinikclown ist, von humorvoller Ablenkung bis zu stiller Unterstützung. „Manchmal reichen ein paar Seifenblasen oder ein Lied, manchmal will man uns gar nicht sehen“, sagt Neuenhoff. „Auch das respektieren wir selbstverständlich und wünschen nur diskret gute Besserung.“
Zwischen Freude und Sensibilität
Klinikclowns müssen die Balance zwischen Freude und Sensibilität finden. Das erfordert Erfahrung, denn oft reagieren Menschen im Krankenhaus anders als erwartet. Von einem Einsatz mit Clown-Kollegin Rosa Socke erzählt Neuenhoff: „Als wir das Zimmer einer Mutter mit ihrem zwölf Monate alten kranken Baby betraten, fing sie an zu weinen – aber vor Freude und Erleichterung. Wir waren für sie ein Ventil, loslassen zu können. Dann spielten wir Lieder und sangen gemeinsam.“
Ein Klinikclown könne oft sehr verletzlich oder traurig sein und lebe von der Kunst der Improvisation, von jedem einzelnen Moment, erklärt Neuenhoff. „Er sollte ein Meister des Augenblicks sein.“ Ein Clown nehme die Situation, wie sie kommt, mit einer großen Portion Empathie und Authentizität, fährt er fort. „Es geht darum, eine Verbindung herzustellen und zu spüren, was die Person in diesem Moment braucht.“
Was Klinik-Clowns bewirken können
Lachen ist gesund, heißt es im Volksmund. Es senkt Studien zufolge die Stresshormone Adrenalin und Cortisol, verbessert die Lungenbelüftung und schüttet Botenstoffe im Gehirn aus, die die Heilung fördern. Aus der Forschung gibt es Hinweise auf eine positive Wirkung von Clowns auf die psychosoziale Gesundheit von kranken Kindern: Die Clowns-Besuche können Schmerzen und Ängste lindern und die negativen psychischen Folgen eines Krankenhausaufenthalts verringern. Das kann den Heilungsprozess unterstützen.
Was Clowns bewirken können, sieht Professor Jörg Klepper, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Aschaffenburg-Alzenau, in seiner täglichen Arbeit: „Klinik-Clowns nehmen insbesondere Kindern die Angst vorm Krankenhaus. Das hilft uns Ärzten bei der Arbeit. Aus negativen Emotionen wie Angst, Stress und Schmerzen werden positive Emotionen wie Entspannung, Freude und Lachen.“
Lachen ist mehr als nur eine Reaktion auf lustige Momente. Es ist wie eine Medizin, die die Herzen berührt und Heilung fördert. Deshalb müssten Ärzte ihren Patienten eigentlich jeden Tag eine große Portion Lachen verschreiben – quasi einen Klinikclown auf Rezept.
Klinikclowns in Krankenhäuser: Die rote Nase und das Lachen sind die Werkzeuge, mit denen Klinikclowns wie Dr. Heinzz Pipo die Lebensqualität der Patienten verbessern. Ihre erstrebenswerte Arbeit ist ein Beispiel für die Macht der Menschlichkeit in der Medizin. Ihre roten Nasen sind Symbole der Hoffnung und des Trostes.
Was internationale Studien zur Wirkung von
Klinik-Clowns berichten
↪ Eine randomisierte Studie zeigte, dass Clowns Kindern die Angst vor einer Operation nehmen können. Auch die Mütter waren weniger ängstlich.
Quelle: Dionigi et al. (2014): Clown intervention to reduce preoperative anxiety in children and parents: a randomized controlled trial. Journal of Health Psychology 19: 369-380
↪ Laut einer koreanischen Universitätsstudie hilft Lachen Kindern nach Operationen dabei, Schmerzen und Angst für eine Weile zu vergessen.
Quelle: Yun et al. (2015): Effects of a clown-nurse educational intervention on the reduction of postoperative anxiety and pain among preschool children and their accompanying parents in South Korea. Journal of Pediatric Nursing 30: e89-e99
↪ Eine israelische Studie zeigte, dass der Besuch eines Klinikclowns die Leistung der Lunge bei Vorschulkindern verbessern kann. Lachen und der damit einhergehende Abbau von Stress haben eine physiologische Nachwirkung.
Quelle: Nir et al. (2018): The effect of medical clowns on performance of spirometry among preschool aged children. Pediatric Pulmonology 53: 1096-1100
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