Frei-Räume erlesen – Die Dombuchhandlung in München
Zugegeben: Bücherkauf war noch nie so einfach wie heute. Keiner muss mehr aus dem Haus. Notwendig ist lediglich ein Internetanschluss. Im Netz Ausgewähltes wird bald darauf als handliches Paket zu uns nach Hause geliefert. So bestellen wir alle in schwachen Momenten schnell ein Buch beim Onlinehändler. Es ist bequem. Wozu noch vor die Tür gehen und durch eine andere in eine Buchhandlung eintreten? Worin liegt der Reiz dort zu stöbern? Wie viel unvergessliches Erlebnis rund ums Buch bieten Buchhandlungen noch? Wenn München das Zentrum Bayerns ist, so liegt die Dombuchhandlung in München gleich neben dem Herzen in der Isarmetropole. Die Atmosphäre im einladenden Paradies für Bücher, gleich neben dem Liebfrauendom, könnte gemütlicher kaum sein: angenehme Beleuchtung in ruhigen und hellen Verkaufsräumen umfängt den Kunden, wenn er diese Erlebniswelt für christliche Bücher und vieles mehr betritt. Der Holzfußboden und viele weitere Holzelemente in der Einrichtung schaffen eine einladende warme Atmosphäre. Während viele kleinere und mittlere Buchhandlungen im harten Konkurrenzkampf das schier erschlagende Angebot großer Buchhäuser ohne die dafür notwendige Fläche abzubilden versuchen und deshalb hilflos mit dem Stapel-Look der Buchmesse kokettieren, fehlt hier wohltuend die erschlagende Überfülle der allgegenwärtigen, sich auf Rampen in den Raum drängenden Verkaufsstapel. Eine klare Ordnung und gestalterische Durchsichtigkeit in der Präsentation leiten den Blick des Kunden. Die präsentierten Titel versinken hier nicht in ihrer eigenen Masse. Sie bleiben zu erlesende Auswahlstücke, bibliophile Preziosen, deren Entdeckung und Bergung keine Sache des Preises, sondern des Lesevermögens des Buchliebhabers ist.
So grüßt Papst Franziskus freundlich aus dem Kartenständer gleich im Eingangsbereich. An den Wänden in Regalen und Auslagen sind sie drapiert: Bücher zu allen erdenklichen Themen. In der Dombuchhandlung finden sich ausgewählte Kostbarkeiten der Belletristik, fesselnde Neuerscheinungen, besondere Lebensläufe verpackt zwischen zwei Buchdeckeln, Publikationen aus Geschichte, Gesellschaft und Politik, Lesereisen in die faszinierenden Themenwelten von Glaube und Spiritualität, theologische Fachbücher, Bibeln und Gesangbücher sowie Reportagen aus Nah und Fern. Eine liebevoll ausgewählte und präsentierte Kinderbuchabteilung setzt einen stimmigen Akkord. Als Buchhändler mit langjähriger eigener Berufserfahrung bemerkt man sofort: Das Team dieser Buchhandlung hat sich über seine Kundschaft kundig gemacht, kennt deren Lesewünsche genau und organisiert die Präsentation in der Buchhandlung anhand der erkannten Vorlieben. Hier nimmt der Kunde wohltuend wahr: Es sind nicht die preisgünstigen Restauflagen, nicht die austauschbare Optik der Bildbände aus dem modernen Antiquariat, nicht die Jagd nach Preisnachlass und Rabatt, die den wichtigen Anreiz setzen, zum Buch zu greifen. Jedes Buch bleibt in dieser Buchhandlung ein Objekt der leserischen Entdeckung. Ein Kulturgut mit einer wichtigen Inhaltsbotschaft und eben nicht erstrangig ein Objekt der schnellen Vermarktung und des eiligen Konsums. Wer diese Buchhandlung betritt erkennt: Bücher bedeuten hier etwas, nicht nur diejenigen mit christlichem Inhalt.
In der gesamten Buchhandlung verteilen sich gemütliche Nischen und laden mit bequemen Sitzmöbeln in warmen Farben zum Verweilen und Schmökern ein. So sitze ich schnell auf halber Treppe über dem Erdgeschoss auf einem einladend bequemen Sofa. Mit einen theologischen Zufallstitel in der Hand und bilde mir ein, ich wäre zum Lesen oder sogar zum Wohnen hier in der Dombuchhandlung. Womöglich denke ich für einen kurzen Augenblick ernsthaft über die Option nach, mich nachts hier einschließen zu lassen, um mich dann in aller Ruhe durch ein Schlaraffenland der Bücher hindurch lesen zu können. Schnell ist klar: In der Münchner Dombuchhandlung setzt das Buchhändlerteam bewusst auf Entschleunigung, auf Freiräume für Ruhe und Konzentration. Der Kunde soll sich wohlfühlen, zur Ruhe kommen können und eintauchen in die spannende Welt des Leseerlebnisses.
Wer das Erlebnis einer besonderen Buchauswahl, wer wertvolle Lesetipps von engagierten Buchhändlern, die noch die unaufdringliche Kunst einer guten und zugleich diskreten Beratung beherrschen, zu schätzen weiß, wer mit wachem Geist aufbrechen möchte zu einer Reise auf den Kontinent der Gedanken, ist hier im Herzen München gerade richtig.
Die Münchner Dombuchhandlung hat nicht jedes Buch auf Lager – nein, wirklich nicht. Aber sie bietet ihren Kunden ein intelligent gestaltetes und anregendes Buchangebot. Selbstverständlich beschafft sie jedes gewünschte Buch innerhalb kurzer Zeit. In der Regel sogar bis zum nächsten Tag. Über den eigenen Online-Shop ist die Buchhandlung auch rund um die Uhr für ihre lesehungrigen Kunden erreichbar. „Wir suchen, finden, raten, beraten, besorgen – auch antiquarisch – stellen zusammen, verpacken, bringen, versenden, haben vieles rund ums Buch und immer eine passende Idee für den suchenden Kunden“, so die freundliche Buchhändlerin hinter dem Kassentresen.
„Der christliche Glaube bereichert uns Leben“, so kommentiert ein sympathisches Ehepaar im Pensionsalter ihre gerade getroffene Buchauswahl. Neben dem neusten Buch von Papst Franziskus sind ein Paar schön gestaltete Bilderbücher für die Enkelkinder dabei. Die Zeichnungen des russischen Illustratoren-Ehepaars Dugin grüßen vom Cover der Drachenfeder mit Breugelscher Detailfreude. Auch eine Ausgabe von Meister Eder und sein Pumuckl kaufen die beiden Bücherfreunde.
In den beiden Verkaufsräumen im Erdgeschoss werden Leseangebote aus den Bereichen Spiritualität, Belletristik und Kinderbuch präsentiert. Es verbindet sich eine liebevoll und fachkundig zusammengestellte Buchauswahl mit einer schönen Auswahl an Kunst- und religiösen Postkarten.
In dezent gestalteten Vitrinen leuchtet punktbeleuchtet im Licht der LED-Lämpchen der prächtige Goldgrund griechischer Lithographie- und Siebdruck-Ikonen. Moderne Wandkreuze aus Glas künden mit leuchtenden Farben vom modernen Stilempfinden vieler Münchner in Glaubensfragen. Kruzifixe in warmen Holztönen und in leuchtendes Gold und prangenden Farben gefasste Heiligenfiguren künden von einer bis heute lebendig gebliebenen Schnitzkunst alpenländischer Herrgottsschnitzer. Für jeden Geschmack und Geldbeutel findet sich etwas aus kirchlicher Kunst, Kleinkunst und der Vielfalt katholischer und evangelischer Devotionalien. „Wir bestellen schon einmal etwas bei einer Schnitzwerkstatt zur Ansicht. Der Kunde kann dann bei uns im Laden in aller Ruhe entscheiden, ob sich die Abbildung im Katalog und seine tatsächlichen Vorstellungen wirklich decken“, erklärt mir die Buchhändlerin, die die Fachabteilung für religiöse Kunst betreut. Und weiter: „Bewusst verzichten wir auf das Anbieten von religiösem Kitsch und Nippes. Da sind wir ziemlich starrsinnig oder höflicher ausgedrückt: Da beschränken wir uns auf die unserem Haus eigene Kernkompetenz.“
Eine elegant geschwungene Freitreppe verbindet die beiden Verkaufsräume im Untergeschoß mit der theologischen Abteilung im Zwischen- und Obergeschoss. Die religiöse Kunst wird hier mehrheitlich ausgestellt. Vielleicht bildet sich an dieser Stelle der Münchner Dombuchhandlung auch ein Stück weit der sinnenfreudige Charakter, das spezifisch katholische des christlichen Glaubens in der hier geschmackvoll präsentierten Auswahl aus dem christlichen Non-Book am Deutlichsten ab. Diese Abteilung für christliche Kunst integriert sich harmonisch in die große Abteilung theologischer Fachliteratur, die einer Hochschulstadt wie München mit einer katholischen und einer evangelischen Fakultät und dem traditionsreichen Guardini-Lehrstuhl angemessen erscheint.
Dezent glimmt im letzten der Verkaufsräume eine Weihrauchkohle. Bläulich kräuselt sich darüber der Rauch des griechischen Rosenweihrauchs. Die Welt der orthodoxen Kirche ist in München mit mehreren großen Kirchengemeinden und einer kleinen Auswahl ostkirchlicher Literatur und Ikonenkunst im Angebot der Dombuchhandlung präsent.
Das Sortiment ist immer auf der Höhe der Zeit. Von einem christlich-katholischen Schwerpunkt aus wird in ökumenischer Gemeinsamkeit und durchaus auch mit einem offenen und weiten Blick auf außerchristliche Formen der menschlichen Spiritualität ein interessantes Angebot um Lesen und Erleben angeboten. Wer Leseanreize außerhalb ausgetretener Pfade sucht, wird hier fündig werden.
„Ich mag eine schöne Sprache und gute Geschichten.“ Eine junge Mutter schiebt ihren Kinderwagen in die Belletristik-Abteilung, um etwas Passendes für sich selbst zu finden. Ihr hilft dabei eine Titelauswahl, die anhand der Bestsellerliste gestaltet wurde. Das aktuelle Ranking der Titel wird neben den Büchern mittels kleiner Holzwürfel mit Zahlen angezeigt. In den Regalen rechts und links davon stecken in verschiedenen Titeln Papierreiter mit dem Hinweis „Neu“. So laden die Novitäten in der Buchhandlung dazu ein, doch einmal einen lesenden Blick ins neu erschienene Buch zu riskieren. Eine Unterabteilung in der Belletristik ist dem christlichen Roman gewidmet.
„Hier kannst du das Buch deiner Träume finden, aber auch mal was für deine Oma“. Ein junger Mann in Lederjacke und mit Drei-Tage-Bart sucht gerade eine Kinderbibel und ein Kinderwandkreuz für sein zukünftiges Patenkind aus. Auch er wird vom breit gespannten, wohl sortierten und liebevoll präsentierten Angebot dieser christlichen Buchhandlung angezogen. „Irgendwie verleiht das mit den Kreuzen hier dem Buchladen einen besonderen, fast sakralen Charakter“, so stellt der junge Mann locker fest, während er sich zwischen einem modernen farbigen Glaskreuz und einem bunt bemalten Kinderholzkreuz zu entscheiden versucht.
Offensichtlich sind es nicht die zu Verfügung stehenden Regalmeter, die eine gute Buchhandlung ausmachen. Was ist es dann? Entscheidend für die Wahl sehr vieler Kunden sind zuallererst die Menschen zwischen den Bücherwänden und hinter der Ladenkasse. Zugewandt und mit zwischenmenschlicher Wärme und auch treffendem Witz begabt. Sie sind Partner des Lesevergnügens ihrer Kunden, Berater mit zwischenmenschlichem Gespür sowie dem sicheren Sensor für die Wünsche der Lesehungrigen.
„Eine Buchhandlung sollte anregend sein und mit ihrem Sortiment überraschen. Wichtig sind vor allem das Persönliche, die individuelle Ansprache und die freundschaftliche Kommunikation. Daran arbeiten wir und hoffen, dass es auch gelingt, denn das kann das Internet mit seinen dumpfen Algorithmen gar nicht leisten“, so der Buchhändler und Diplom-Theologe. Außer dem Buchhändler für die Theologie, der nach einer Zwischenstation bei den Benediktinern in Münsterschwarzach seine Leidenschaft für das Empfehlen und Verkaufen von Büchern entdeckte, gehören noch neun weitere Mitarbeiter, die alle zusammen das Team der Münchner Dombuchhandlung bilden.
„Ich möchte die Tür weit öffnen und Menschen als unsere Gäste begrüßen, die das Leseerlebnis durch den Kauf eines neuen Buches gezielt suchen oder die nur ein bisschen bei uns Stöbern wollen“, so der Buchhändler, „Buchläden zählen für mich zu den inspirierendsten Orten der Welt.“ Die Münchner Dombuchhandlung ist einen Besuch wert. Mein Tipp: Die spannende Reise in die Welt der Bücher funktioniert schließlich auch bei Regen prima.
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