”But all your friends are there” lautet eine Textzeile aus dem Song Sugar Mountain von Neil Young. Ein Lied über das Ende der Kindheit und die Probleme des Erwachsenwerdens. Sugar Mountain, der Zuckerberg, wird darin als Sehnsuchtsort beschrieben.
Den Namen dieses Songs trägt das Kunst- und Kulturareal Sugar Mountain, das derzeit auf dem ehemaligen Katzenberger Betonwerksgelände in Obersendling entsteht. Die Fabrik, die Betonfertigteile produziert hatte, steht seit 3 Jahren still. Eine der Hallen und das 7500 Quadratmeter große Gelände werden für die nächsten 2-3 Jahre als Zwischennutzung zum Freizeit- und Kulturprojekt umgestaltet.
Auf dem Industriegelände entsteht, so die Pläne der Initiatoren, ein „Happening Place“, ein Ort, an dem sich Freunde treffen. Auf dem Sugar Mountain kann die Nachbarschaft zusammenkommen. Das Ziel: hier sollen sich Münchner genauso wohlfühlen wie Nicht-Münchner. Kunst, Sport oder Kultur, für jeden soll etwas dabei sein.
Lost places faszinieren und besitzen Charme
Anfang März machte ein Beitrag in der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung auf das Sugar Mountain aufmerksam. Die Idee, eine alte Fabrikbrache in einen neuen attraktiven Ort für Freizeit, Kunst und Kultur zu verwandeln, begeistert. Nach einem Jahr Pandemie und Stillstand passiert und entsteht so in München endlich wieder etwas Neues.
„Lost places“ faszinieren: Verlassene Industriehallen, leer stehende Gebäude und zerfallene Schlösser haben einen ganz besonderen Reiz. Sie besitzen Charme und Geschichte, vermitteln aber manchmal auch eine bedrückende Atmosphäre, das unbestimmte Gefühl von Abenteuer und oft sogar einen gewissen Mythos.
Die Gegend ist nicht besonders schön, eine Mischung aus Industriegebiet und Wohnviertel. Auch das kann seinen Reiz haben, denn auch in München muss nicht alles gestylt und luxussaniert sein.
Der Stadtteil Obersendling schafft mit Sugar Mountain eine Attraktion für Besucher aus München und Umgebung. Und man kann den neuen Kulturtreffpunkt gut erreichen. Durch die U3 bis zur Machtlfingerstraße und den S-Bahnhof Siemenswerke ist er ideal in das öffentliche Verkehrsnetz eingebunden.
Besucher können sich leicht einen Eindruck vom Sugar Mountain verschaffen: Ein riesiges und beeindruckendes Areal, mindestens 5 Fußballfelder groß, bebaut mit grauen, von Betonstaub überzuckerten Fabrikhallen, Schienen, Schornsteinen und Betonpfeilern. Der Fabrikturm der Haupthalle ragt deutlich über die umliegenden Gebäude hinaus.
Auf den ersten Blick könnte man meinen, es hätte sich hier noch nicht viel getan. Doch das täuscht: Denn in den letzten Wochen wurde im alten Betonwerk richtig gearbeitet. Das Gelände und die Haupthalle sind auf- und ausgeräumt und gereinigt, die Fenster im Dach erneuert. Unmengen an Material wurden bestellt.
Kunst und Kultur zwischen Beton und Stahl
Die Hallen sind enorm groß und hoch. Gebaut aus Beton und Stahl wirken sie äußerst imposant. Riesige Silos, Trichter, Mischmaschinen, Motoren, Schaltpulte, alles ist noch da. Und es riecht nach feuchtem Beton.
In der Haupthalle entstand in den letzten Wochen eine „Super Structure“: eine Konstruktion aus Laufstegen, Wegen, Plattformen und einer 200 Quadratmeter großen Bühne mit Tribühne und Aussichtsplattformen. Gebaut aus Holz und Stahl. Wer die lichtdurchflutete Halle betritt, wird sofort in ihren Bann gezogen.
An den Wänden sieht man von Künstlern gestaltete Graffitis. Wenn die Lichtanlage angeschaltet wird und die Laufstege von unten oder Teile der alten Fabrik in wechselnden Farben beleuchtet, ist man wie verzaubert. Der raue und authentische Charme der Fabrik bleibt erhalten und ist stets präsent.
Im Sugar Mountain sollen unterschiedlichste Veranstaltungen stattfinden. Das Team plant Musik, Kino, Tanz- und Theateraufführungen sowie Lichtinstallationen. Auch Performances, Kulturfestivals, Ausstellungen zeitgenössischer Kunst und Firmenevents laden demnächst Münchner und Auswärtige nach Obersendling ein.
Boxen, Skaten, Bouldern – Really Happening
Der Großteil des Außenareals wird für Sportaktivitäten genutzt. Basketball-und Bocciaplätze, Street-Ball-Felder, eine dreieinhalb Meter hohe und 40 Quadratmeter große Boulderwand und ein Ping-Pong-Park sind im Entstehen.
Der überdachte Boxplatz mit Boxring, gebaut von Mariposa B.C., und die riesige Skaterbahn sind besondere Attraktionen. Der Rest der Fläche ist für pandemiekonforme Veranstaltungen unter freiem Himmel reserviert. Geplant sind Märkte, Yoga, Kino-Vorführungen, Foodtrucks und ein kleiner Biergarten.
Die Gestalter hinter dem Projekt sind Lissie Kieser, Michi Kern und Gregor Wöltje von “This Is Really Happening“. Sie kennen sich aus mit der Zwischennutzung von Räumen und Gewerbeflächen in München. Dazu gehören zum Beispiel das Lovelace, Lost Weekend und Utopia.
Sugar Mountain ist als „Non-Profit-Projekt“ angelegt. Das ehemalige Betonwerk und die Außenflächen wurden den Betreibern für das Projekt kostenlos überlassen. Es wird von den Immobilien-Entwicklern und anderen Geldgebern gesponsert. Laufende Kosten sollen durch Veranstaltungen und Gastronomie gedeckt werden.
„Experimentierfeld und moderne Kunst-Factory“
Party steht auf dem Kunst- und Kulturareal Sugar Mountain nicht im Vordergrund. Die 3 Betreiber verstehen das Ganze vielmehr als Experimentierfeld und entwickeln es „wie eine moderne Kunst-Factory“, wie sie in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 6. März 2021 erzählten.
Graffiti- und andere zeitgenössischen Künstler können hier regelmäßig und immer wieder aufs Neue Pop-Up-Wände bemalen oder besprayen. Die Bodenflächen und die sechs Betonsäulen, die das Basketballfeld umgeben, werden gemeinsam mit dem Münchner Künstler Gape gestaltet. Street-Art und Tattoo-Künstler gestalten auch die Skatebahn und die Ping-Pong-Tische.
Es ist unglaublich spannend die Entwicklung dieser Kulturoase, an dem Sport, Kunst und Kultur vereint werden zu beobachten. Obersendling befindet sich gerade im Wandel. Aus einem früheren Industrie- und Gewerbeviertel soll ein Ort mit viel Wohn- und Lebensraum werden. Das Sugar Mountain trägt mit vielen kreativen Ideen und Projekten dazu bei.
Bilderstrecke – Das Sugar Mountain entwickelt sich: