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Alte Heimat – neue Heimat: Pendler zwischen zwei Welten
Das Bild zeigt eine Gasse aus Kopfsteinplaster in einem italienischen Ort
Heutige Welten

Alte Heimat – neue Heimat: Pendler zwischen zwei Welten

Eine Organisatorin der Initiative „Gruppo Culturale Italiano“ erzählt ihre persönliche Migrationsgeschichte. Sie berichtet über Heimweh, Migration und über ihr Ankommen in München.

Interview von Gabriele Rinkenbach

Rosanna Rossi* ist Organisatorin der Initiative „Gruppo Culturale Italiano“, die mit der Migrantenorganisation MORGEN e.V.  zusammenarbeitet. Während es draußen aus Kübeln gießt, erzählt Rosanna in einem Münchener Café von ihrer Initiative, von Nostalgie und ihrer neuen Heimat.

Laut Ausländerzentralregister und Statistischem Bundesamt leben in Deutschland aktuell 640.000 Italiener. Die größte italienische Community gibt es in „der nördlichsten Stadt Italiens“, München – laut amtlicher Statistik lebten hier im Jahr 2017 27.060 Menschen mit italienischen Wurzeln.

Rosanna, warum haben Sie die Initiative „Gruppo Culturale Italiano“ gegründet?

Ich bin mit einer Freundin aus Italien nach München gekommen. Der Hauptgrund für die Gründung unserer Initiative war, dass meine Freundin und ich sehr großes Heimweh nach Italien hatten. Wir dachten, es könne helfen, Kontakt zwischen unseren toskanischen und Münchener Bekannten herzustellen und etwas Gemeinsames aufzubauen.

Wann hatten Sie die Idee, gemeinsam eine Initiative zu gründen?

Die Idee kam uns zu Beginn des Jahres 2012. Ende 2012 präsentierten wir bereits die erste italienische Filmvorführung in München.

Was ist Ihrer Initiative wichtig?

Das Wichtigste für uns ist, unsere enge Verbindung zur  italienischen Kultur aufrecht zu halten. Wir möchten über aktuelle kulturelle Aktivitäten in München und Italien gleich gut informiert sein.

Was erwarten Sie sich von der Kooperation mit dem Verein MORGEN e.V.?

Es hat uns sehr gefreut, mit dem Verein in Kontakt zu treten und mit ihm kooperieren zu dürfen. Man spürt, dass der Verein MORGEN e.V. auf die Identität jeder Nation eingeht und fühlt sich als Italiener in München wahrgenommen. Dies ist wichtig für die eigenen Wurzeln, aber auch, um in der Stadt besser Fuß zu fassen. Es ist viel einfacher, Netzwerke zu knüpfen, wenn man schon Kontakte hat.

Haben Sie eine eigene Migrationsgeschichte? Möchten Sie uns etwas von Ihrer Migrationsgeschichte erzählen?

Mein Vater ist von Süditalien nach Mittelitalien gezogen. Ich bin dann von Mittelitalien nach Deutschland umgezogen. Ich habe schon zwei Migrationen hinter mir, ich habe sozusagen (Rosanna* schmunzelt) bereits zwei kulturelle Sprünge gemacht.

Wie finanziert sich die Initiative „Gruppo Culturale Italiano“?

Das Sozialreferat hat uns als Selbsthilfegruppe anerkannt. Für einige interessante kulturelle Projekte haben wir finanzielle Unterstützung von MORGEN e.V. bekommen. Wir haben auch Spenden erhalten. Unser Hauptziel war jedoch nicht, Geld zu sammeln. Vielmehr ging es uns um die offizielle Anerkennung unserer Projekte. Obwohl es wichtig ist, dass Projekte finanziert werden, geht es uns in erster Linie um die offizielle Anerkennung, nicht um Geld.

Welche Projekte plant die „Gruppo Culturale Italiano“?

Wir konzentrieren uns auf Mikroprojekte, weil wir finden, dass man so einen engeren Kontakt zum Publikum herstellen kann. Irgendwann hebt sich die Trennung zwischen Referent und Publikum auf: Jeder ist ein bisschen Referent und ein bisschen Publikum.

Was meinen Sie mit Mikroprojekten? Um welche Projekte handelt es sich?

Wir realisieren vor allem Projekte für deutsch-italienische Familien, zum Beispiel Kino für Kinder. Wir besuchen aber auch viele unterschiedliche Unternehmen in München. Es gibt viele Selbständige oder Leute, die in italienischen Firmen arbeiten. Wir versuchen zu eruieren, wie entwickelt die Wirtschaft mit italienischen Wurzeln hier in München ist. Es geht darum, den Italienern in München zu vermitteln, welche wirtschaftlichen Möglichkeiten sie in der Stadt haben, aber auch darum, die Verbindung zur Stadt zu festigen. So haben wir beispielsweise einmal den Vortrag einer Anwältin angehört, die ihr Berufsbild auf Italienisch präsentierte. Ein anderes Mal haben wir einem Münchner Gericht einen Besuch abgestattet. Wir sind nicht nur im familiären Bereich aktiv, sondern unterstützen uns innerhalb der italienischen Community gegenseitig – auch bei wirtschaftlichen Projekten und bei Behördengängen.

Was ist Ihre Motivation, sich für eine Migrationsorganisation zu engagieren?

Einerseits war es für mich eine Gelegenheit, mich besser zu integrieren. Andererseits habe ich so die  Möglichkeit, wichtige Informationen über Themen zu erhalten, die meine Kinder betreffen.

Arbeiten Sie auch für andere Migrantenvereine?

Wir sind mit vielen Gruppen und Ämtern mit dem Ziel der Zusammenarbeit in Kontakt.

Gibt es ein Vereinserlebnis, das Ihnen besonders gefallen hat?

Besonders schön war ein Treffen in einem Münchner Park mit vielen italienischen und deutsch-italienischen Familien aus allen Stadtteilen. Das Treffen war für kostenlos. Wir haben uns gefreut, dass auch viele Väter teilgenommen haben. Sie haben mit den Kindern Fußball gespielt. Die Mütter haben sich ebenfalls gut unterhalten. Das fand ich sehr schön und die Atmosphäre war ganz locker.

Was reizt Sie an der Arbeit zwischen unterschiedlichen Kulturen?

Ich bin bereits in zwei Kulturen hineingeboren worden, da ein Teil meiner Familie aus Süditalien, ein Teil aus Mittelitalien stammt. Das hat meine Identität geprägt.

 

*Name von der Redaktion geändert

Header-Bild: Gabriele Rinkenbach


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