Eine Katze winkt die Besucher in den Katzentempel München. Sie sitzt oben auf der Kante der Innentür. Es ist eine japanische Winkekatze, die Glück bringen soll. Mit einem Lächeln trete ich ein.
Der Platz neben Jack ist noch frei, als ich um kurz nach 11 Uhr das Lokal in der Türkenstraße in Schwabing betrete. Der Kater hat es sich auf dem Samtkissen gemütlich gemacht. Ich tue es ihm gleich und setze mich neben ihn auf die Holzbank. Jacks Augen sind halb geschlossen. Wohlig schnurrend liegt er da. Ich kann der Versuchung nicht widerstehen und streichle über sein getigertes Fell. Es fühlt sich weich an und warm. Für einen kurzen Moment steht die Zeit still und es gibt nur Jack und mich.
Ein plötzlicher Gedanke bringt mich zurück ins Hier und Jetzt: Wo sind die anderen Katzen? Ich schaue mich um, denn ich möchte sie alle kennenlernen. Es sind insgesamt sechs. Außerdem will ich die vegane Küche im Katzentempel München testen. Doch erst mal was Warmes trinken. Ich bestelle ein Glas grünen Tee. China Gunpowder.
Vorne bei den Schaufenstern ist der Katzentempel um diese Zeit schon gut gefüllt. „Jack hat nur drei Beine, ein Autounfall“, erklärt mir später Christine. Sie kommt regelmäßig hierher und kennt alle Katzen. Ich erfahre, dass Jack früher auf der Straße gelebt hat. Er liebt es, stundenlang auf dem Schoß der Gäste zu sitzen und zu schlafen. Überhaupt: Schlafen und Essen, das ist seine Devise. Was für ein entspanntes Leben, denke ich.
Veganes Essen – ideal auch für Lactose-Intolerante
Auch Christine wirkt sehr entspannt. Sie erholt sich gerne hier und genießt die Kombination aus Streicheln und veganem Essen. So braucht sie sich wegen ihrer Lactose-Intoleranz keine Gedanken zu machen. Heute hat sie sich für das große Frühstück entschieden. Es besteht aus selbstgebackenem Dinkelbrot, Margarine, drei Aufstrichen, Müsli mit Obstsalat und einem Smoothie. Für das Müsli stehen Hafer-, Soja- oder – zum Aufpreis von einem Euro – Mandeldrink zur Wahl.
Um 12 Uhr sind alle Plätze im vorderen Teil belegt. Mittagszeit. Vor mir liegt die Speisekarte. Ein Holzdeckel mit eingeprägtem Katzenlogo bildet die Vorderseite. Von dem vielen Öffnen ist er schon ganz abgenutzt. Ich schlage die Karte auf. Auf der ersten Seite erfährt jeder Gast von den Beweggründen der Inhaber Kathrin Karl und Thomas Leidner für ein Katzenrestaurant. Die Idee: Ein Restaurant, bei dem das Tierwohl an erster Stelle steht – eine neue Heimat für Katzen aus dem Tierheim und leckeres Essen ohne tierischen Ursprung. Genuss und Entspannung garantieren den „Miau-Effekt“, steht hier.
Mittags jedes Hauptgericht inklusive Kaltgetränk für 9,90 Euro
Weiter im Text. Es folgt eine Legende mit den Inhaltsstoffen. Dann kommen die Angebote. In der Zeit von 12 bis 14 Uhr gibt es jedes Hauptgericht inklusive eines Kaltgetränks für 9,90 Euro. Und für Studierende, Schüler und Azubis gibt es Sonderpreise. Hier im Umfeld der Universität ist das ideal. Ich blättere weiter. Ein umfangreiches Frühstücksangebot. Schnell weiter.
„Für Naschkatzen“ lautet die nächste Überschrift. Da, jetzt bin ich bei den Hauptgerichten. Ich lese: Bohnen-Chiasamen-Burger mit Tomate, Gurke, Essiggurke, Salat, Mayo und Senf. Kichererbsen-Aprikosencurry mit gelbem Sesamreis und einem Klecks Sojacreme. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Tempelsandwich. Großer bunter Salat. Chili sin carne. Dreierlei Bruscetta. Tagessuppe. Zusätzlich kann aus einem Beilagen-Angebot gewählt werden. Kartoffelspalten mit zwei Dips nach Wahl, als Beilage mit Ketchup oder Mayo, bunter Salat mit Dinkelbrot, Dressing nach Wahl: Balsamico-Orange oder Kräuter, bunter Salat als Beilage, Portion gelber Sesamreis, glutenfreies Brötchen. Zusätzlich gibt es die Wochengerichte. Mir knurrt der Magen.
Plötzlich ein Knurren neben mir, Jack erwacht und der rotweiße Haustiger geht in Richtung des nicht einsehbaren Rückzugsraums, den die Katzen über eine Katzenklappe jederzeit aufsuchen können. Ich entscheide mich für Christines Tipp und bestelle ein Tempelsandwich mit selbstgemachtem Dinkelbrot, Seitan, Avocadocreme und buntem Salat. Da tut sich plötzlich was im rechten Schaufenster.
Eine langhaarige, majestätische Erscheinung erregt die Aufmerksamkeit. Sie thront auf einem rund 50 Zentimeter hohen Katzenturm und genießt die Blicke. Drei Passanten bleiben draußen stehen, einer zeigt auf die Katze, alle lachen, dann ziehen sie weiter. Direkt neben dem Katzenturm sitzen drinnen Nicole und Almina am Tisch. Auch sie zücken ihre Handys für ein Katzen-Foto-Shooting. Nicole hat heute ihre Freundin mitgebracht. Sie hat selbst zwei Katzen zu Hause und ist Vegetarierin. „Es war eine spontane Idee, mit meiner Freundin hierher zu kommen“, erzählt mir Nicole. Almina ist begeistert. Gerne hätte auch sie Katzen, aber da sie alleine lebt, kommt dies für sie nicht in Frage. Sie findet das Ambiente hier mit den Katzen toll.
Entspannung pur – der „Miau-Effekt“ funktioniert
Vorsichtig streichelt Almina das Fell der langhaarigen Katze hinter den Ohren. Eine Zeit lang genießt die Katze die Streicheleinheiten. Doch plötzlich signalisiert sie mit einem lauten Fauchen, dass sie ihre Ruhe haben will. Sie dreht sich weg und rollt sich ein. Zeit für ein Mittagsschläfchen. Entspannung pur. Die Freundinnen trinken ihren Cappuccino weiter. Und spielen zusammen UNO. Der „Miau-Effekt“ funktioniert – das Konzept des Katzentempels geht auf. Da steigt mir ein köstlicher Duft in die Nase.
Und auch optisch macht das Sandwich was her, zusammen mit der Salatbowl auf dem Tablett. Zwischen den beiden Dinkelbrotscheiben liegt ein Seitan-Patty. Ein Bambusstängel hält alles zusammen. Mit der Avocadocreme fügt sich das Sandwich zu einem runden Geschmackserlebnis. Nur mühsam gelingt das Abbeißen aufgrund des beachtlichen Durchmessers, der Genuss rechtfertigt die Anstrengung. Jetzt ein Verdauungsspaziergang.
„Der beste Platz ist hier am Fenster“, verrät mir bei meinem Rundgang Christine. Sie sitzt auf der linken Seite der Schaufenster, die durch die beiden Eingangstüren abgetrennt werden. Rechts neben ihr steht ein doppelstöckiges Korbgeflecht im Fenster: Unten schläft die Siamkatze Saphira, oben der schwarz-weiße Balou. „Grantlhuber“ wird er auch genannt, wegen seines grantigen Blicks. Ebenso schlafend liegt schräg gegenüber auf einem Stuhl, dessen Sitzfläche mit Plastikschnüren gewebt ist, die Schwester von Saphira mit Namen Robin. Sie ist die dominantere Katze von beiden. Ins Geschehen kommt plötzlich der kurzhaarige Gizmo. „Das ist der Katzenchef“, weiß Christine, „und Bruder von Ayla“. Also der langhaarigen Diva im linken Schaufenster. Die Katzenfamilie ist komplett. Ich wundere mich. Wegen der unterschiedlichen Felllänge von Gizmo und Ayla.
Extra Kuschelstunden für die Übernahme einer Patenschaft für Katzen
Für die Wahl des Nachtischs blättere ich später die Speisekarte weiter und entdecke eine kurze Beschreibung jeder Katze mit Namen, Geburtsdatum, Lieblingskraulstelle und Besonderheit. Es folgen die Hinweise für eine Patenschaft. Mit einem Geldbetrag von 5, 10 oder 15 Euro monatlich können unterschiedliche Patenschaften übernommen werden. Je nach Betrag gibt es gestaffelte Vorteile: Eine extra Kuschelstunde vor den regulären Öffnungszeiten des Restaurants, kostenlose Katzentempel-Souvenirs, wie beispielsweise Taschen mit Logo, regelmäßige Patentreffen. Mit den Geldbeträgen werden auch Tierarztkosten und Katzenbedarfsartikel beglichen.
Dann kommen die Regeln für den Umgang mit den Katzen in ihrem Zuhause hier. Ganz wichtig: Die Katzen dürfen frei entscheiden, ob sie zum Besucher kommen oder gestreichelt werden wollen. Ich bestelle einen Espresso und einen selbstgebackenen Apfelstreusel-Kuchen mit Sahne. Und erfahre von der Bedienung, einer Studentin, die hier jobbt, den Grund der unterschiedlichen Felllänge von Gizmo und Ayla. Sie haben eine gemeinsame Mutter, aber unterschiedliche Väter. Alles klar.
Dieser Apfelkuchen mit Sahne. Unglaublich lecker, aber ist die wirklich vegan? Beim Bezahlen erhalte ich Gewissheit, dass auch die Sahne nicht aus Kuhmilch besteht. „Aber die Katzen erhalten kein veganes Essen, sondern artgerechtes Frischfutter mit Fleisch“, betont die Bedienung. Alles zum Wohl der Tiere. Artgerecht für Mensch und Tier eben. Satt, glücklich und mit einem Lächeln gehe ich hinaus. Die Manekineko winkt mir nach.
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Bildnachweis: Alle Fotos stammen von Carmen Weber