Der Bogenhausener Friedhof steht bei Münchner Promis und Mitgliedern der höheren Gesellschaft hoch im Kurs. Ein makaberer Wettlauf ist ausgebrochen auf dem kleinsten und feinsten Münchner Friedhof – meinem persönlichen Ruheort. Der ist aber beinahe voll.
Endlich. Wieder Herbst. Zeit, die Gummistiefel auszupacken. Und den Friesennerz. Jetzt raus an die Luft. Im Park große Haufen moderndes Herbstlaub. Mein Ziel wie immer: mein Ruheort, mein Kraftort, der Bogenhausener Friedhof. Dieser Ort ist nicht nur seit langer Zeit ein besonderer Ort für mich, er hat auch eine besondere Geschichte. Er diente seit jeher als Ruhestätte alteingesessener Bogenhausener Familien.
Im Dritten Reich spielte das direkt am Friedhof gelegene Pfarrhaus der dazugehörigen Kirche St. Georg eine wichtige Rolle. Dort trafen sich Mitglieder der Widerstandsgruppe Kreisauer Kreis. Einer davon, Pater Alfred Delp, war in den 1930er Jahren Kirchenrektor von St. Georg, wurde nach einer Morgenmesse am 28. Juli 1944 verhaftet und am 2. Februar 1945 in Berlin-Plötzensee durch den Strang hingerichtet. An ihn erinnert ein Denkmal gleich neben dem Friedhof.
“Mein” Friedhof und seine Berühmtheiten
„Mein“ Friedhof ist aber vor allem berühmt für seine Prominenz: Erich Kästner, Helmut Dietl, Oskar Maria Graf, Tankred Dorst, Bernd Eichinger, Rainer Werner Fassbinder, Helmut Fischer, Liesl Karlstadt, Hans Knappertsbusch – die Liste geht endlos weiter. Sie alle fanden hier zusammen mit vielen anderen ihre letzte Ruhestätte.
Es ist wunderbar, über diesen alten (Dorf)-Friedhof zu laufen und sich vorzustellen, wie all diese Seelen hier vereint sind – eine geballte kreative Allianz im Jenseits. Hier kann man Ruhe und Einklang mit und in sich selbst finden. Manchmal möchte ich eben einfach nur hierher und meine Ruhe haben.
Wer hier hin will, muss sich anstrengen
Hoffnungen darauf, hier selbst einmal zu landen, kann ich mir leider nur mäßig machen. Der flächenmäßig kleinste Münchner Friedhof hat gerade mal 240 Gräber, und nur wer 30 Jahre lang am Stück im „Bestattungsbezirk Bogenhausen“ gelebt hat oder sich um die Stadt München irgendwie verdient gemacht hat, hat überhaupt eine Chance auf ein Plätzchen auf diesem begehrten Terrain. Bei mir sind es bis dato immerhin schon 24 Jahre, dafür wenig bis gar keine Heldentaten für meine Stadt. Momentan steht der Gottesacker jedenfalls bei betagten und berühmten Münchnern hoch im Kurs, ist aber so gut wie voll. Doch es gibt immer wieder eine Chance auf einen freien Platz: Nach einer Mindestruhezeit von 15 Jahren kann ein Grab aufgelöst werden. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Bogenhausener Friedhof, Bogenhauser Kirchplatz, 81675 München