Verrückt oder unglaublich gut. Der Franzose um die Ecke.

Lokal in München oder in Bordeaux zu eröffnen. Die Wahl fiel auf die bayerische Metropole. Das Rive Gauche – kleines Restaurant ganz groß. eine Reportage von Sinje Krieger-Pflaume

Ein französisches Kleinod. Bistrottische, Fotos französischer Musiker an den Wänden, eine handgeschriebene Speisetafel, Chansons von Jaques Brel und Edith Piaf. Hier zeigt sich französische Lebensart par excellence.

Arnoud und Smina – vor rund zwanzig Jahren kam das Paar nach Deutschland. Sohn Selim ist hier aufgewachsen. Ein Lokal eröffnen, das war nicht einfach. Arnoud kennt auch schwierige Zeiten in dieser Stadt. Es fordert Durchhaltevermögen und Kompromisse. Ob er in dieser Zeit Sehnsucht nach Frankreich hatte und den Plan verwerfen wollte? „Jeden Tag“ sagt er und zieht dabei seine Augenbrauen hoch. „Aber mein Sohn kam hier zur Welt, und er will hier bleiben.“

Was macht ein Franzose hier?

„Ich bin von null gestartet“, erzählt Arnoud. Die Gegend war nicht ideal, und bevor er das Lokal übernahm, existierte dort ein Café. Die Leute haben sich gefragt, was ein Franzose dort wolle. Manche hielten ihn für verrückt – oder unglaublich gut. Freunde rieten von dem Plan ab. Erste Kunden äußerten sich überzeugt von der Küche, bezweifelten jedoch, dass das Konzept in der Gegend funktionieren würde. „Ja, wird es“, hat Arnoud damals geantwortet. Er blieb bei seinem Vorhaben. Und der Erfolg gibt ihm Recht.

Es ist 19.00 Uhr. Der Gastraum füllt sich mit Leben. Heute ist ein besonderer Tag. Ein paar Mal im Jahr präsentieren junge Musiker live ihr Können. Das Ensemble ist bereits vor Ort. Der Koch schwingt Töpfe und Pfannen, das Klavier ist positioniert, die Tische sind stilvoll eingedeckt. Weiße Tulpen in zierlichen Vasen unterstreichen das elegante Ambiente. Einige Stammgäste plaudern mit dem Wirt, die Sängerin prüft das Mikrofon, und die Chefin legt Champagnerflaschen in den Eiskübel.

Köstliche Tartes – unwiderstehlich (Foto: Sinje Krieger-Pflaume)

„Ich bin kein Koch“, erklärt Arnoud, „aber ich habe mich schon immer sehr fürs Kochen interessiert. Als ich früher im Gastronomie-Service gearbeitet habe, hatte ich meine Hände ständig in irgendwelchen Töpfen. Ich habe zugesehen, mir vieles selbst beigebracht, geübt. Unser Start hier war wirklich nicht einfach. Natürlich hatte ich Zweifel, habe überlegt, ob das der richtige Schritt ist, als Franzose hier ein Lokal zu eröffnen.“ Arnoud zieht die Achseln hoch. „Es bedeutet auch heute noch jeden Tag viel Arbeit.“

Es darf gefeiert werden

Während dem gespannten Publikum edle Speisen kredenzt werden, beginnen die Musiker, sich einzustimmen. Dezente Töne klingen an. Nach dem Dessert steigert sich der Rhythmus. Noch eine Flasche Bordeaux an Tisch sechs. Und vier Cognac an Tisch acht. Es folgt ein Solo vom Pianisten, dann ein Klassiker von Louis Armstrong, der vom Chef persönlich überzeugend und gefühlvoll interpretiert wird. Die Gäste sind im Rausch, stehen und tanzen zwischen den Stühlen. Einige Laientalente dürfen sich beweisen und greifen zum Mikrofon oder zur Gitarre. Das Spektakel entwickelt sich zu einer ausgelassenen Jam-Session.

Weit nach Mitternacht wird es ruhiger. Noch im Taumel einer emotionalen Erlebniswelt, wanken die Besucher durch sternbesetzten Himmel nach Hause. Ein unvergesslicher Abend geht zu Ende. Aber es wird ein nächstes Mal geben. Im Rive Gauche links der Isar. Vielleicht nur auf ein Glas Wein an der Bar oder auf einen Aperitif in den letzten Sonnenstrahlen draußen in Korbsesseln. Das Gefühl, in einem Lokal am Montmartre sein Leben zu genießen, bleibt.

Kontakt: www.rive-gauche.biz

Wandel bedeutet für mich Veränderung und Entwicklung in allem, was ist und in dem, was wir sind und tun. Ohne Wandel kein Wachstum. Das Leben fordert Entscheidungen und bedeutet oft Loslassen und Erneuerung. Von einem Punkt zum nächsten. Im Fluß sein. Sich ab und zu verwandeln. Zulassen, was neu, was anders ist, was sich verändern will. Dadurch öffnen sich Türen. Diese Haltung ermöglicht mir eine andere Sicht auf das Leben und macht meine Welt größer. Ich halte es mit den Worten Joachim Gaucks 'Es liegt an uns, Veränderungen nicht zu fürchten, sondern sie als Aufgabe anzunehmen.'