Extrem verschärfte Sicherheitskontrollen behindern zahlreiche deutsche Großveranstaltungen. Was sagt der Security-Profi?
Ein Interview von Matthias Hommel
Tagtäglich werden wir mit Nachrichten über Anschläge, Attentate, Mord und Totschlag konfrontiert. Bei nahezu allen Veranstaltungen wurden die Sicherheitsmaßnahmen extrem verstärkt.
Herr Brandl, vertrauliche Frage unter Familienvätern: Muss ich beim Besuch von Großveranstaltungen um die Sicherheit meiner Liebsten fürchten?
Leider – ich kann es nicht beschönigen: Es gibt keine 100-prozentige Garantie – für nichts. Auch an mir sind die Ereignisse von Berlin, Dortmund, Paris und beim Münchener OEZ nicht spurlos vorbeigegangen. Wir haben schon vorher sehr genau hingeschaut und nach diesen Vorfällen in Zusammenarbeit mit den Behörden das Sicherheitskonzept überarbeitet.
Mein Rucksack hat einen ständigen Begleiter, ein Multifunktionstool. Nehmen wir an, ich hätte dieses bei meinem Familienausflug zu einem Pop-Konzert dabei. Wie weit komme ich?
Am Eingang findet der Vor-Check statt. Äußerlichkeiten spielen keine Rolle. Wir können nicht jede Person, nicht jeden Gegenstand komplett überprüfen – das würde den zeitlichen Rahmen sprengen. Aber: ein potentieller Attentäter wird es sehr schwer haben, unsere Systematik zu analysieren. Wir gehen nach dem Zufallsprinzip vor. Mal werden fünf Leute hintereinander vollständig „auseinandergenommen“, dann drei gar nicht, dann einmal so und viermal anders. Das System ist unsystematisch, und das ist das Geniale.
Ein Terrorist mit Sprengstoffweste rennt auf den Eingang zu.
Wie reagiert Ihr Team?
Eigenschutz und Überleben ist oberstes Gebot. Wir sind weder Helden, noch Supermänner. Das wäre für 12 Euro die Stunde etwas viel verlangt, macht auch für 100 Euro keinen Sinn. Ich habe meinen Körper verkauft, auch wenn ich mittlerweile eher selten ganz vorne dabei bin, sondern im Hintergrund die Fäden ziehe.
Sie können also meine Familie und mich nicht beschützen?
Nein, wenn Sie Waffengewalt meinen. Es gibt grundsätzliche Unterschiede: Einerseits Personenschutz und andererseits das Sicherheitskonzept für eine Veranstaltung. Ich habe zurzeit 148 Mitarbeiter – darunter vier Waffenträger. An so eine Legitimierung kommt man nicht so leicht ran; und das ist gut so. Vergessen Sie alles, was Ihnen in Action-Filmen vermittelt wird. Auch der Security-Mitarbeiter ist ein Mensch, viele sind Familienväter. Der Eigenschutz steht an erster Stelle: Im Olympiastadion, beim Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan, am Münchener Flughafen.
Herr Brandl, vielen Dank für das Gespräch – wir sehen uns wieder:
Mit Sicherheit – mit Familie.
Rainer Brandl (51) ist Gründer und Geschäftsführer der HDM Security . Er kann auf 30 Jahre einschlägige Security-Erfahrung zurückgreifen. Seine Firma betreut Veranstaltungen jeder Art, regelmäßig auch im Münchener Olympiastadion. Seit 12 Jahren ist HDM auch Security-Partner der Kaltenberger Ritterspiele. Waffen sind dort fester Bestandteil des Programm.
Titelfoto „Security“ – Foto: M. Hommel